Unsere Protestaktion gegen den Tag der Bundeswehr in Brandenburg:
NEIN zur Bundeswehr-Werbung bei Minderjährigen
Mit großer Besorgnis beobachten wir die Tendenz, dass die Bundeswehr bei immer jüngeren Menschen nach neuen Rekrut*innen sucht. Dabei geht sie perfide vor, indem sie die Tücken und Risiken der Soldat*innentätigkeit völlig verharmlost. So reist die Bundeswehr mit ganzen Trucks zu Stadtfesten oder auch Computerspielemessen an, um spielerisch für sich zu werben. Es soll der Eindruck erweckt werden, als wäre der Weg von Call of Duty zum realen Dienst an der Waffe nicht weit. Als wären Bundeswehreinsätze ein Spiel, als ginge es nicht um Menschenleben, als würde man etwas gewinnen können. Doch das Gegenteil ist der Fall: Kommen 17-, 18-Jährige zur Bundeswehr, treffen sie auf die bittere Realität des Soldat*innendaseins. Vorbei der Spaß und die Leichtigkeit beim Bundeswehrstand auf dem Stadtfest – Nun sind blinder Gehorsam, militärischer Drill und Aufgabe von Freizeit angesagt. Der persönliche Alltag ist geprägt von der Entgegennahme von Befehlen, von Kasernierung, einem toxischen Gruppenklima, dem Wegsehen bei rechtsextremen Vorfällen. Die nicht einmal 20-Jährigen Rekrut*innen sollen vorbereitet werden auf den Kriegsdienst und seine grausame Realität. Etliche Bundeswehr-Soldat*innen, die in Auslandseinsätzen wie in Afghanistan oder in Mali waren, berichten von psychischen Problemen und teils schlechten Umgang damit in der Bundeswehr.
Doch all die Tücken der Soldat*innentätigkeit werden in den Hochglanzwerbevideos gar nicht erst angesprochen. Und auch die Jugendoffiziere an den Schulen klären darüber nicht umfassend auf. Wofür sie überhaupt gut sein sollen, ist ohnehin fraglich.
Politische Bildung statt Jugendoffiziere
Kritik an Auftritten von Jugendoffizieren in Schulen wird immer entgegnet, dass diese ja einen Bildungsauftrag hätten und nur „sicherheitspolitische Bildungsarbeit“ leisteten. Wir fragen uns, ob diese Leute nicht wissen, dass es dafür Lehrkräfte gibt. Diese sind nämlich sowohl fachlich als auch fachdidaktisch auf eine kontroverse Vermittlung von Politik-Wissen ausgebildet – und zwar umfassend. Denn zu Internationaler Politik gehört nicht nur Sicherheitspolitik und ein oberflächliches Referat eines Jugendoffiziers dazu. Sondern es handelt sich um vielschichtige globale Probleme, die nur multiperspektivisch mit einem gut geplanten und kohärenten Unterricht behandelt werden können. Dabei kommt es nicht nur auf den militärischen Blick, auf den Jugendoffiziere logischerweise fokussiert sind, an. Sondern verschiedene wissenschaftliche Erkenntnisse über wirtschaftliche und soziale Entwicklungen spielen eine Rolle. Um auf dem Laufenden zu bleiben, einen guten Überblick zu erhalten, Impulse und Material für den Unterricht zu erhalten, greifen viele Lehrkräfte für Politische Bildung auf die Angebote der Bundeszentrale für politische Bildung zurück. Doch statt diese auszubauen, will die Ampel-Bundesregierung hier rigoros kürzen. Das ist fatal und verschlechtert die politische Bildungsarbeit in Deutschland.
Auch grundsätzlich: NEIN zu Militarismus
Machen wir uns nichts vor: Jugendoffiziere sollen in den Schulen die Bundeswehr repräsentieren und Militär normalisieren. Auch die kostenlose Beförderung von Bundeswehrsoldat*innen in Zügen der Deutschen Bahn – wenn sie ihre Uniform tragen – soll Militär im Alltag normalisieren und positiv für die Bundeswehr werben.
Doch am Militär ist nichts normal. Die Aufgabe von Militär ist Krieg führen oder im Kriegsfall zu verteidigen. Die Aufgabe ist das Töten von Menschen, das Zerstören von Infrastruktur, um den Gegner aufzuhalten. Krieg führt zu Toten, zu Traumatisierten, zu Zerstörung, zu Leid und auch zu Hass, Rachegelüster, Gegengewalt.
Das vergangene Jahrhundert mit seinen zahlreichen blutigen Kriegen, die sich gegenseitig übertrafen, darunter auch 2 Weltkriege, zeigt doch, dass Krieg niemals eine Lösung von irgendetwas ist. Im Gegenteil: Politik hat die Aufgabe, Kriege zu verhindern und Menschenleben zu schützen. Es ist die Würde des Menschen, die von Kriegen bedroht wird. Deshalb darf mit militärischer Gewalt nicht leichtfertig umgegangen werden. Und genau aus diesem Grund erfährt die Menschenwürde sowohl in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte als auch im Grundgesetz der BRD einen besonderen Schutz.
Zur Kritik am Militarismus wird häufig Kurt Tucholsky mit den Worten „Soldaten sind Mörder“ zitiert. Der Ausspruch spiegelt die Erfahrung der zahlreichen Wehrpflichtigen im Ersten Weltkrieg wieder – darunter waren auch zahlreiche Minderjährige. Es zeigt auf, dass Soldaten zu Tötungsmaschinen werden; das Töten ist ihre Aufgabe – eine Aufgabe, die sie entmenschlicht. Aus Überlebenswillen und umgeben von brutaler Gewalt überschreiten sie ihre eigenen ethischen Grenzen. Krieg ist im doppelten Sinn Mord – durch den Tod von einzigartigen Individuen und durch den Tod von Menschlichkeit und Empathie. Es ist also eine Mahnung an diejenigen, die leichtsinnig den Wehrdienst antreten wollen. Soldat sein heißt im Zweifelsfall töten und zwar auch ein Stück von sich selbst.
Hinzu kommt, dass das Militär geradezu das Gegenteil einer Demokratie ist: Autoritäre Hierarchien und Befehlsketten, Disziplinierung und Korpsgeist lassen Menschen zu kleinen, willenlosen Rädchen in der militärischen Maschinerie werden. Was daran schön, ehrenhaft oder was auch immer sein soll, bleibt ein Rätsel. Nun mag man behaupten, dass dies notwendig sei – doch ist nicht zu vergessen, dass es sich bei Soldaten immernoch um Menschen und nicht um Spielfiguren auf dem Risiko-Spielbrett handelt.
Von den Befürworter*innen von Einsätzen der Bundeswehr und Werbung für die Bundeswehr an Schulen wird oft behauptet, dass die Bundeswehr „unsere Werte“ verteidige. Da stellen sich zwei Fragen. Tun das etwa die zahlreichen rechtsextremen Gruppierungen… Pardon: „Einzelfälle“, bei denen illegale Waffenbestände, Reichsflaggen und Hakenkreuze zu finden sind? Bewaffnete Rechtsextreme sind eine Bedrohung für die Demokratie. Und welche Werte werden denn wirklich verteidigt? Und wo überhaupt? Schließlich haben auch die USA beim Vietnamkrieg behauptet, dass es um „unsere Werte“ von Demokratie und Freiheit ginge – und dabei einen brutalen Krieg mit zurecht verbotenen Waffen geführt, der nur der Erweiterung der US-amerikanischen Einflusssphäre zugunsten der Profite westlicher Konzerne diente.
Auch beim Afghanistan-Krieg ging es um „unsere Werte“, die von der Mehrheit der Bevölkerung offensichtlich nicht geteilt wurden und eher ein aufoktruyiertes westliches Demokratie-Modell darstellten. Mit welchem Recht bestimmen wir, dass in einem anderen Land „unsere Werte“ – besser gesagt eine westliche Vorstellung von Demokratie und kapitalistische Ausbeutung – verteidigt werden? Wozu braucht es dafür ein Militär? Sollen „unsere Werte“ mit Gewalt durchgesetzt werden? Kann Demokratie überhaupt mit Gewalt durchgesetzt werden?
Wir sind der Ansicht, dass die Welt weniger Militär und mehr Menschlichkeit braucht. Wir brauchen globale Abrüstung, mehr Diplomatie, humanitäre Hilfe für Menschen in Hunger und Not. Atomwaffen sollten von der Erde verbannt werden. Die Zahl von Schusswaffen sollte global drastisch verringert werden. Warum sollte das so offensichtlich Vernünftige nicht realistisch sein? Wir setzen uns für vernünftige, mitmenschliche und verantwortungsvolle Politik ein. Die Konflikte dieser Welt, die oftmals Ergebnis kapitalistischer Konkurrenz sind, wollen wir auf zivile und friedliche Art und Weise lösen.